Wie Selbstfürsorge in unsicheren Zeiten helfen kann?

In letzter Zeit spüre ich immer wieder besonders deutlich, wie unsicher ich mich auf vielen Ebenen meines Lebens fühle. Dies bezieht sich nicht nur auf meine persönliche Lebenssituation, in der sich vieles grundlegend zu ändern scheint, sondern auch auf die allgemeine Lage in unserer Gesellschaft und in unserer Welt.

Alles scheint auf dem Prüfstand zu stehen. Und die allgemeine Verunsicherung, die am Untergrund schwehlt, scheint sich in sichtbarem und spürbarem Druck und Widerstand widerzuspiegeln - im Kleinen wie im Großen: in Form sich verändernder Beziehungen und Interessen, in Form sich verändernder Prioritäten, (Berufs)Perspektiven und Lebensentwürfe, in Form polarisierender politischer Meinungen zu großen Themen wie Demokratie, Klima, Krieg, Menschenrechte…

Wenn ich auf die letzten Monate zurückblicke, dann ging und geht es immer wieder darum, mich auf Selbstfürsorge zu besinnen. Klar, angesichts brennender gesellschaftlicher Krisen mag Selbstfürsorge erst einmal egoistisch klingen. Aber wie können wir andere unterstützen und unseren Beitrag einbringen, wenn unsere Akkus leer sind?

Ich bin überzeugt: mehr für Dich/mich bedeutet immer auch mehr für andere - die Menschen in unserem direkten Umfeld. Für Wandel und Veränderung brauchen wir viel Kraft. Wie können wir also gut für uns selbst sorgen, damit wir auch für ein gutes Miteinander sorgen können?

Was ist Selbstfürsorge?

Selbstfürsorge ist ein großer Begriff, der häufig im Kontext von mentaler Gesundheit und Burn-out-Prävention verwendet wird. Gleichzeitig leben wir in einer Gesellschaft, die geprägt ist von hohen Leistungs- und Produktivitätsansprüchen.

Selbstfürsorge ist meiner Meinung nach nicht dafür da, damit wir in der Mühle des “immer mehr, immer höher, immer weiter” besser funktionieren. Sondern sie ist Grundlage für ein liebevolles und dialogorientiertes Miteinander. Denn wie kann ich Dich fühlen, wenn ich mich selbst nicht fühlen kann? D.h. Selbstfürsorge ist ein Tor, durch das hindurch ich mich selbst besser kennenlernen und damit auch aufrichtiger mit Dir und der Welt in Kontakt kommen kann.

Selbstfürsorge kann diverse Formen haben, entscheidend ist, dass sie bewusst geschieht. Sie ist also ein bewusster Akt der Akzeptanz und Liebe zu sich selbst. Akzeptanz für unsere Bedürfnisse und unsere Grenzen. Liebe zu unserem Körper, unserem Geist und auch unserer Seele.

Selbstfürsorge ist ein Prozess, der dynamisch ist. Der immer wieder damit beginnt, sich sich selbst zuzuwenden und wahrzunehmen, an welchen Stellen wir justieren und balancieren können.

7 Arten der Erholung

Doch wo fangen wir da an? Es gibt viele Wege und Möglichkeiten. Besonders niedrigschwellig und konkret finde ich zum tiefergehenden Verständnis die 7 Types of Rest nach Dr. Saudra Dalton-Smith. 2019 gab sie nach der Veröffentlichung ihres Buches Sacred Rest: Recover Your Life, Renew Your Energy, Restore Your Sanity einen tollen TEDx Talk in Atlanta dazu (das Video findest Du weiter unten im verlinkten Artikel).

Nach Dalton-Smith gibt es sieben verschiedene Arten der Erholung, die wir bewusst einsetzen können, um für nachhaltige Erholung zu sorgen. Du wirst schnell feststellen, dass die gängigsten wie Schlafen und Sport nur einem der sieben Typen entsprechen.

Am Anfang steht die Frage, durch bewusste Beobachtung zu identifizieren: An welchen Stellen in meinem Leben investiere ich besonders viel Energie?
Im nächsten Schritt gilt es, herauszufinden: Was kann ich in Übereinstimmung mit meinen Neigungen tun, um diese investierte Energie zu regenerieren?

Ich habe für jeden Typen verschiedene Fragen als Anregungen zusammengestellt.

  1. Mental Rest: Wann machst Du Pausen vom Denken?
    Terminierst Du Dir bewusste Pausen bei der Arbeit?
    Schreibst Du Deine Gedanken auf, um sie mal loszulassen?
    Wie achtsam widmest Du dich anderen Tätigkeiten?

  2. Spiritual Rest: Wann beschäftigst Du dich mit Dingen und Themen, die über Dich selbst hinausgehen?
    Was gibt Dir und Deinem Leben Sinn?
    Gibt es Räume oder Beziehungen, in denen Du andere unterstützt?
    Was gibt Dir Hoffnung und Vertrauen?

  3. Emotional Rest: Bei wem kannst Du dich so richtig entspannen?
    In welchen Beziehungen kannst Du authentisch Du selbst sein?
    Gibt es Räume, in denen Du dich aufrichtig und verletzlich zeigen kannst?
    Wo fühlst Du dich in der Tiefe gesehen und verstanden?

  4. Social Rest: Wer gibt Dir Energie?
    Welche Kontakte tun Dir gut?
    Gibt es Begegnungen oder Tätigkeiten, die Dir mehr Energie ziehen als sie Dir geben?
    Wer bringt Positivität, Liebe und Wertschätzung in Dein Leben?

  5. Sensory Rest: Wann entspannst Du Deine Sinne?
    Wann gönnst Du dir einfach mal Momente Stille?
    Sorgst Du bewusst für medienfreie Zeit?
    Kannst Du den Himmel oder die Weite sehen?

  6. Creative Rest: Was gibt Dir Inspiration?
    Welche Themen lassen Deine Neugierde und Kreativität entflammen?
    Was tust Du, wo es mal nicht ums Ergebnis, sondern um den Prozess geht?
    Wann genießt Du einfach nur die Schönheit von Dingen?

  7. Physical Rest (active & passive): Wie gut ist Deine Schlaf- und Deine Bewegungshygiene?
    Hast Du einen regelmäßigen Schlafrhythmus?
    Welche Bewegungsroutinen brauchst Du in Deinem Alltag?
    Weißt Du, wann Dein Körper Ruhe und wann er Aktivität braucht?

Ist diese Perspektive auf nachhaltige Erholung für Dich wertvoll? Welche Aktivitäten der Selbstfürsorge ergeben sich für Dich daraus?
Ich bin neugierig, von Deinen Erfahrungen zu erfahren!

Von Herzen
Christine-Joahn